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Stolzer Heilbronner, leidenschaftlicher Weltenbummler und in seiner Freizeit »SwimRunner«: MARKUS RÖSSEL ist ein Pionier der »SwimRun«-Szene und startet europaweit bei den Extremsport-Wettbewerben. Auch beim ÖTILLÖ, einem der härtesten Ausdauerwettbewerbe der Welt.
Text: Marc Thorwartl, Fotos: Nadja Odenhage & Jakob Edholm
Von Insel zu Insel gegen den Schweinehund
In seiner Mittagspause nimmt sich Markus Rössel aus Kirchhausen Zeit, um über sein ambitioniertes Hobby aus der Welt einer neuen Ausdauersportart zu erzählen – dem SwimRun. Amphibienartig bewegen sich die Zweier-Teams bei SwimRun-Wettbewerben durch Wasser und über Land, wobei sie permanent zwischen Trailrunning und Freiwasserschwimmen wechseln. Doch wie ist der einstige Fußballer des FC Kirchhausen bei einem der hartherzigsten Ausdauerevents der Welt in Schweden gelandet?
Markus Rössel
Sport war bereits als Jugendlicher seine Leidenschaft. Doch kaum war die Volljährigkeit erreicht, kam ein Rückschlag: Rössel erkrankte am Pfeifferschen Drüsenfieber, das ihn ein Jahr außer Gefecht setzte. Nach seiner Genesung fand er Zugang zum Ausdauersport. In aller Konsequenz schloss er sich Freunden des Tri-Team Heuchelberg an: »Das hatte richtig Spaß gemacht, bis ich meinen ersten Ironman absolvierte.« Weltweit gibt es zwei Klassiker über die Triathlon-Langstrecke: Die Weltmeisterschaft auf Hawaii und den Ironman in Roth. »2006 habe ich mich für Roth gemeldet«, so Rössel. Ohne strukturiert und ambitioniert zu trainieren, ist er ziemlich blauäugig angetreten. »Um es kurz zu machen: Es wurde ein Debakel und ich habe mächtig aufs Maul bekommen«, erinnert sich Rössel mit einem Lächeln. Sein Ehrgeiz war nach der schmerzlichen Roth-Erfahrung jedoch geweckt. Die Liebe zum Ausdauersport wuchs nach dem Premieren-Ironman erst recht.
Nach seinem Studium in Heilbronn verschlug es ihn beruflich nach Irland, wo der heute 35-Jährige eine neue sportliche Herausforderung fand: »In Irland sind Laufwettbewerbe extrem populär. Irgendwo startet immer ein Berg-, Cross-Country- oder Straßenlauf-Wettkampf.« Er wurde Mitglied im berühmten »Crusaders Athletics Club«, einem Laufverein aus Dublin. Durch irische Freunde kam der Kirchhausener in Kontakt mit Trainerlegende Brother Colm OConnell: »Er ist ein Lehrer und Ordensbruder, der vor 38 Jahren nach Kenia versetzt wurde. In der St. Patricks Schule im kenianischen Iten etablierte er ein Athletikprogramm für die Schüler. Mehrere kenianische Olympiasieger und Weltmeister entstammen dieser ländlichen ›Boys only secondary school‹.« Mehrfach besuchte Rössel die Schule mit angeschlossenem Laufcamp: »Für einen Läufer bin ich eigentlich zu groß, außerdem habe ich viel zu spät mit dem Ausdauersport angefangen. Durch Fleiß und Methodik kann man dennoch einiges erreichen.« 2011 kündigte er seinen Job in Irland: »Ich genehmigte mir eine einjährige berufliche Pause und durchreiste Südamerika. In Patagonien startete ich zu meinem ersten Teamwettkampf, den ›Cruce de los Andes‹. In mehreren Etappen lief ich von Chile über die Anden nach Argentinien.« Weitere Wettkämpfe in Südamerika folgten. Zurück in Deutschland nahm er dann beim Transalpine Run, einem mehrtägigen Trail-Run-Wettkampf über die Alpen, teil.
Beeindruckt vom Team-Gedanken, den er beim Laufen über die chilenischen Anden kennenlernte, und einer neuen Sportart, SwimRun, von der er hörte, reifte zusammen mit Freund und Trainingspartner Fabian Eberhard der Wunsch einer Teilnahme am mythischen ÖTILLÖ durch die Stockholmer Schäreninseln. Fortan hatte Rössel nur dieses Ziel vor Augen. »Fran Ö till Ö« – aus dem Schwedischen übersetzt »von Insel zu Insel« – ist der erste und härteste SwimRun-Wettkampf weltweit. Die Starter schwimmen in der 10 Grad kalten Ostsee in den Schären auf eine Insel, durchlaufen diese und stürzen sich dann erneut in die Fluten, um zur nächsten Insel zu schwimmen. Zehn Kilometer werden insgesamt geschwommen, 65 gelaufen. CNN hat das Rennen als eines der härtesten Ausdauerevents der Welt bezeichnet.
Rössel und Eberhard bestritten 2014 endlich ihren ersten gemeinsamen ÖTILLÖ. Und auch 2015 startete Rössel, diesmal mit seinem norwegischen Freund Knut Baadshaug – Eberhard war wegen seiner Hochzeit nicht verfügbar – beim Rennen quer durch das Stockholmer Archipelago. »Bei anspruchsvolleren Bedingungen waren wir eine Stunde schneller als im Vorjahr und wurden 18. von 150 Teams. Die Erfahrung aus dem Vorjahr war ein gewaltiger Vorteil.«
Und was ist an SwimRun so reizvoll, außer den eigenen Schweinehund zu überwinden? »Fast alle Wettkämpfe finden an landschaftlich eindrucksvollen Orten statt. Die Abenteuer und Eindrücke mit einem guten Freund zu teilen und sich beiderseits zu motivieren, ist etwas ganz Spezielles. Neben der körperlichen Herausforderung kommt es hauptsächlich darauf an, als Team zu funktionieren. Nur als effektive Einheit ist man erfolgreich. Im kommenden Jahr werden wir dann wissen, ob es noch einmal eine Stunde schneller geht!«, blickt der Kirchhausener voraus.